Innovation trifft Tradition: Thorsten Sauren und Julian Kress von e.GO, Bürgermeister Dr. Christian Ruf, ENRW-Geschäftsführer Christoph Ranzinger und OB Ralf Broß (von links) bei der Präsentation des e.GO-Movers im historischen Ratssaal der Stadt Rottweil.

„Als kommunales Mobilitätslabor könnte Rottweil bis zum möglichen Veranstaltungsjahr 2028 neue Formen der Fortbewegung erproben und dann während der Landesgartenschau einsetzen“, so Oberbürgermeister Ralf Broß. Damit greift die Stadt Rottweil einen Trend auf, der bei Zukunftsforschern in aller Munde ist. Was bis vor kurzem wie eine Utopie aus einem Science-Fiction-Film Marke Hollywood wirkte, bekommt derzeit ziemlich reale Züge: Busse, wie von Geisterhand gelenkt, fahren von A nach B und transportieren Menschen zuverlässig und vor allem bedarfsorientiert. Noch sind diese Busse in der Entwicklungsphase und fahren nur zu Testzwecken, aber sie tun dies schon auf öffentlichen Straßen. Erste Stadt in Deutschland ist das bayerische Bad Birnbach. Dort dreht das autonome Shuttle „ioki“ im Auftrag der Deutschen Bahn seine Runden. Man muss aber gar nicht so weit reisen, um Zukunft live erleben zu können: Die Verkehrsbetriebe Schaffhausen testen seit März einen selbstfahrenden Kleinbus namens Trapizio im Öffentlichen Personennahverkehr. Ab dem Sommer soll der Bus auch an den Rheinfall fahren. In beiden Fahrzeugen ist aus Sicherheitsgründen in der Testphase noch eine geschulte Begleitperson an Bord, die bei Unvorhergesehenem eingreifen kann. Ist die Entwicklung abgeschlossen, sollen solche Busse aber komplett autonom fahren können.

„In zehn Jahren wird durch den rasanten Fortschritt bei der Digitalisierung auch die Verkehrswelt eine andere sein“, ist sich der OB sicher. „Natürlich kann man heute noch nicht wissen, was bis dahin tatsächlich schon auf den Straßen unterwegs ist. Daher macht es Sinn, Rottweil bis dorthin als eine Art kommunales Mobilitätslabor zu begreifen und die verschiedenen Möglichkeiten auszuprobieren und zu testen, was nach Rottweil passt.“ Aus heutiger Sicht wäre es zum Beispiel denkbar, dass autonome Shuttles die Mobilitätslücke zwischen Bahnhof, Innenstadt und Testturm schließen, vor allem in den frequenzarmen Randzeiten. „Auch der Transport von den Park+Ride-Parkplätzen zur Landesgartenschau könnte zumindest teilweise so organisiert werden“, denkt der OB. Der Vorteil: Die Busse können von den Menschen je nach Bedarf und zu jeder Uhrzeit bestellt werden, da kein Personal bereitgestellt werden muss. „Ein großer Vorteil, wenn man sich die weitgehend leer umherfahrenden Busse in den Abendstunden vor Augen führt: Das Angebot wird flexibler und damit attraktiver und der Aufwand an Personal und Energie deutlich geringer und damit für Kommunen langfristig auch kostengünstiger.“

Erste Gespräche hat die Stadt kürzlich mit der „e.GO Mobile AG“ geführt. Die Firma aus Aachen treibt derzeit das Forschungsprojekt „e.GO Mover“ voran. Der e.GO Mover ist ein universell ausbau- und einsetzbarer Kleinbus, der sowohl für den Personennahverkehr als auch für private und gewerbliche Transportaufgaben ausgerüstet werden kann. Der Bus erreicht derzeit die Autonomie-Stufe 4. Damit kann er selbstständig fahren, benötigt aber aus rechtlichen Gründen noch einen Fahrer zur Begleitung. Später, in Level 5, könnte der e.GO Mover sogar ganz ohne menschlichen „Aufpasser“ an Bord auskommen und vollautomatisch fahren. Für Testkunden ist der Mover ab 2019 zu haben. Durchaus denkbar also, dass sich in Rottweil ein solches Fahrzeug zwischen Innenstadt und Bahnhof oder Innenstadt und Testturm bewähren darf.